Zur Tradition des Maibaum-Aufstellens

Schon von Weitem sind sie gut sichtbar: Die Maibäume, die nun wieder unsere Ortschaften und Regionen schmücken. Bei diesen, markant die Landschaft prägenden Bäumen handelt es sich zumeist um eine Fichte, die bis auf den Wipfel entästet und großteils – mit Musterungen – entrindet ist, besonders geschmückt wird und am Abend vor dem 1. Mai an einem bestimmten Platz im Ort feierlich aufgestellt wird – von der örtlichen Landjugend, dem Trachtenverein oder anderen Gruppierungen. Es bedarf vieler helfender Hände und fachkundiger Anleitungen, damit vom Fällen des Baumes bis zum Aufstellen alles nach Plan läuft. Und wenn der Baum dann endlich steht – aufgestellt durch Muskelkraft oder mit Hilfe von Geräten – dann gilt es, die ganze Nacht bis zum Morgen des 1. Mais Wache zu halten, damit der Baum nicht aus Jux von benachbarten Gruppen umgeschnitten wird.

Aufstellen des Maibaums
Aufstellen des Maibaums durch die Landjugend Dobl. Foto: Landjugend Dobl
Maibaum-Aufstellen
Historische Aufnahme eines Maibaumaufstellens. Foto: Steirisches Volksliedarchiv

Zur Geschichte des Maibaums

 

Der Brauch des Maibaums ist zweifelsohne schon sehr alt. Konkrete Entwicklungsdaten und ursprüngliche Funktionen des Baums lassen sich heute jedoch nicht mehr eruieren. Schriftliche Quellen aus dem Wien zeugen vom Aufstellen eines Maibaums am Wiener Hof im Jahr 1230. Das Aufstellen und Schmücken des Baumes war damals Sache der weltlichen Obrigkeit. Aus dem 16. Jahrhundert sind uns Aufzeichnungen zu Baumbräuchen aus Bayern bekannt, die jedoch verschiedene Funktionen erfüllten. So ist vom Orts- Tanz- oder Wirtsbaum, als Zeichen des öffentlichen Ausschanks, wie auch vom Rechtsbaum zu lesen. Über die Jahrzehnte und -hunderte dürfte eine Vielfalt an unterschiedlichen Formen und Ausprägungen nebeneinander und auch nacheinander bestanden haben. Als Baumbrauch sind uns seit dem 16. Jahrhundert aber auch jene, noch heute bei Fronleichnamsprozessionen gebräuchlichen Birkenbäumchen bekannt.

 

Zeitungsartikel aus dem 19. und 20. Jahrhundert geben uns Einblick in das Brauchtum rund um den Maibaum. So wird im Grazer Volksblatt am 11. Mai 1868 aus der Obersteiermark Folgendes berichtet: „Das Landvolk hat ebenso seine Passionen wie die Städter, nur sind seine Vergnügungen vielfach naiver, origineller und minder kostspielig. Ein Hauptvergnügen bildet in einigen Gegenden Obersteiermarks: der Maibaum. … Es muß ein schöner, schlanker und mächtiger Baum sein, der zur Dorfzierde dienen soll. Man setzt Stolz darin, in der Umgebung den riesigsten Maibaum gepflanzt zu haben. Er wird aufgesetzt am letzten April. Sonst glatt und abgeschält, zeigt nur der Wipfel den grünen Aufsatz. Als sonstiger Schmuck dienen zwei Fähnlein, roth, weiß, blau – wie man sie eben findet, ohne politische Rücksicht; sie sind angebracht da, wo der Wind den Baum bereits biegen kann; auch „Hansl und Grethl“ in Caricatur fehlen nicht. Steht nun das nationale Werk in seiner Vollendung da, so wird es eifersüchtig bewacht, auf daß tückische Nachbarn ihm nicht schaden. Denn für diese ist es ein Bravourstück, die monumentale Maizierde zu zerstören; gelingt es, so hat die betreffende Gemeinde lange Spottreden zu dulden.“

 

Von einem Gerichtsfall rund um einen Maibaum in Dillach (Bezirk Graz-Umgebung) ist in der Tagespost vom 4. September 1867 zu lesen. Darin heißt es „Sechs junge Burschen im Alter von 17-23 Jahren, Grundbesitzersöhne und Knechte von Dillach, erscheinen heute vor dem Gerichtshofe, angeklagt des Verbrechens der öffentlichen Gewalttätigkeit fünften Falles. Am 30. April d. J. Abends setzten mehrere Burschen beim Gasthause des Joh. Rafler vulgo Evhansl in Dillach einen Maibaum, wofür dieser ihnen Wein zu trinken gab, worauf die Burschen in sein Gasthaus sich begaben und darin zechten. Einer der Burschen, Alois Großschedl, bemerkte nun, dass der benachbarte Wirt aus Neid, dass Rafler mehr Gäste habe und dass bei ihm der Maibaum gesetzt worden sei, den Maibaum angeschnitten habe. Hierüber aufgebracht verfolgten die Burschen den Wirt, und, als sie denselben nicht ergreifen konnten, zertrümmerten sie mit einer Hacke die Küchenthüre, den Wagen und die Zeughütte, auch die Kegelstätte ruinierten sie, schlugen die Fenster ein und viele Löcher in die Mauer. Der diesfällige Schaden wurde von Seite der Ortsgemeinde Dillach durch zwei Schätzleute auf 29 Gulden beziffert. … Die Angeklagten werden von der Anklage wegen Verbrechen der öffentlichen Gewaltthätigkeit freigesprochen, dagegen der Uebertretung der boshaften Beschädigung fremden Eigenthums für schuldig erkannt, und … zu acht Tagen Arrest verurtheilt.“

 

Berichtet – und heute noch vielerorts ausgeübt – wird auch vom Maibaum-Kraxeln und vom Bandltanz um den Maibaum. Und neben dem Maibaum auf einem öffentlichen Platz, sind auch noch die kleineren Maibäumchen zu erwähnen, die heimlich vor dem Fenster eines verehrten Mädchens aufgestellt werden …

 

Autorin: Eva Heizmann

 

Verwendete Literatur:

  • Greger, Michael J.: Brauch und Jahr. Neue und überlieferte Bräuche im Bezirk Liezen (Schriftenreihe des Landschaftsmuseums in Schloss Trautenfels, Bd. 8), Trautenfels 2008.
  • Moser, Oskar: Der Maibaum, Brauch und Geschichte. In: Unser Brauch. Zeitschrift des Bundes der Heimat- und Trachtenverbände Österreichs, 15. Jg/41 (1992), S. 2-7.

Vom Fällen des Maibaums bis zum Aufstellen