Lassnitzer Volksschauspiele

Nach 12-jähriger Pause kommt es im heurigen Februar wieder zu einer Aufführung im Kultursaal Laßnitz: Am Programm der Laßnitzer Volksschauspiele, die 2016 in das österreichische Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen wurden, steht das „Schäferspiel“.

Einige Jahre war es nun still um die Laßnitzer Volksschauspiele. Umso größer ist die Freude, dass es im Februar 2024 wieder zu Aufführungen dieses einzigartigen traditionellen Schauspiels kommt. Es ist der neuen Spielleiterin Ingrid Purgstaller und ihrem Team zu verdanken, dass diese langjährige Tradition jetzt fortgesetzt wird. Bereits der Großvater von Ingrid Purgstaller, Pius Lindner, hatte bis 1949 die Spielleitung der Laßnitzer Volksschauspiele inne. Am Programm steht von 17. bis 24. Februar das „Schäferspiel“ – eine besondere Herausforderung, da es vorwiegend gesungen wird. Es bildet das jüngste jener fünf Stücke, die bei den Laßnitzer Volksschauspielen in unregelmäßigen Abständen meist rund um Weihnachten und Neujahr aufgeführt werden.

 

Der Ursprung des Volksschauspiels liegt im mittelalterlichen Mysterienspiel und vermittelt Geschehnisse und Gleichnisse aus der Heiligen Schrift oder aus den Heiligenlegenden. Ende des 15./Anfang des 16. Jahrhunderts fiel das Volksschauspiel vielerorts Reformbestrebungen zum Opfer. Erhalten wurde diese Spieltradition schließlich nur in wenigen Alpentälern, vielfach im Umkreis von Stiften und Klöstern mit starker Bildungs- oder Pfarrstruktur (Stift St. Lambrecht – Laßnitz). Die Laßnitzer Volksschauspiele gehen – nach schriftlichen Quellen – auf eine über 200-jährige Tradition zurück. Mündliche Überlieferungen sprechen sogar von einer Spieltradition von über 400 Jahren.

 

Die Texte werden beim Laßnitzer Volksschauspiel in alter Mundart in Prosa oder Reimform und häufig als Lied vorgetragen, wobei Gestik und Mimik weitestgehend vorgegeben sind. Zu früheren Zeiten wurden die Laßnitzer Volksschauspiele in bäuerlichen Stuben (Stubenspiel) und später auch in Gasthäusern aufgeführt. Heute wird der Kultursaal Laßnitz genutzt, wobei als Kulisse immer bloß ein schlichter Vorhang dient. Es werden keine Bühnenbilder und kaum Requisiten verwendet – also ohne theaterhafte Aufmachung gespielt –, was eine fantasievolle Auseinandersetzung mit dem Spielgeschehen vom Publikum verlangt.

 

Aufführungen 2024:

17., 23. und 24 Februar, um 20 Uhr und am 18. Februar, um 15 Uhr
im Kultursaal Lassnitz, 8850 Murau

Kartenvorverkauf & Info:
Stadtgemeinde Murau (Bürgerservice): Tel. 03532-2228-20

Lassnitzer Volksschauspiele
v. l.: Der Tod, der Gute Hirt, der Ankünder, der Engel, die Schäferin, der Teufel, der Jäger und der Pilger. Foto: Franz Preisl

Seit 2016 sind die Laßnitzer Volksschauspiele im österreichischen Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes gelistet.

DAS SCHÄFERSPIEL

 

Inhalt:
Die zentrale Rolle des Schäferspiels hat die Schäferin inne. Sie sehnt sich nach einem anderen Leben – weg von der Eintönigkeit auf der Weide des guten Hirten. Sie will das Leben in vollen Zügen genießen und verlässt den guten Hirten trotz seiner Hinweise auf mögliche Gefahren und Folgen. Der Teufel und der Jäger als sein Handlanger freuen sich über diese Entwicklung. Auch der Engel kann die Schäferin von ihrem Wunsch, die „Lustbarkeiten“ des Lebens zu genießen, nicht abbringen. Die Schäferin lässt sich schließlich mit dem Jäger ein und geht mit ihm. Der gute Hirt sucht sein „verlorenes Schaf“, um es vom Weg der Sünde abzubringen, der es in die Hölle bringen wird. Vom Pilger wird er bei seiner Suche unterstützt. Erst als der Tod der Schäferin ihr Sterben ankündigt, besinnt sich die Schäferin und kehrt trotz der Versuche von Jäger und Teufel zum guten Hirten zurück.

 

Textfassung:
Wahrscheinlich stammt der Text für das Schäfer­spiel aus dem Mürztal und ist 1929 nach Laßnitz gekommen. Der Verfasser ist unbekannt. Sebastian Schaffer, damals Organist in Laßnitz, hatte bereits am 29.12.1929 die Noten der vielen Lieder handschriftlich aufge­zeichnet und in seiner Notensammlung verwahrt. Michael Primavesi brachte die vorhandenen losen Blätter für die einzelnen „Rollen“ mit Hilfe der so­genannten „Auftrittstafel“ in die richtige Reihen­folge und schrieb sie mit der Schreibmaschine ab. So entstand am 25.1.1950 das heutige Textheft für das Schäferspiel.

 

DIE EINZELNEN STÜCKE DES LASSNITZER VOLKSSCHAUSPIELS

 

  • Das „Spiel vom reichen Prasser und dem armen Lazarus“ gilt als das älteste und wird in der Regel zusammen mit dem „Schäferspiel“ aufgeführt.
  • Das „Paradiesspiel“ zeigt die Erschaffung des  Menschen, die Vertreibung aus dem Paradies sowie die Erlösung durch Gottes Sohn.
  • Das „Hirtenspiel“ stellt die Geburt Jesu von der Verkündigung des Engels an Maria bis zur Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten dar und
  • das „Genovevaspiel“ handelt von der Legende der Pfalzgräfin Genoveva von Brabant und folgt in seinem Inhalt einem deutschen Volksbuch.