Schifferlsetzen

Das „Schifferlsetzen“ ist eine regional verwurzelte Tradition im Mariazellerland rund um den Nikolaustag. Dabei basteln Kinder in den Tagen vor dem Fest in Familienkreisen oder Bildungseinrichtungen kleine Papierschifferl, die sie bunt bemalen. Am „Krampustag“ werden diese Schifferl heimlich bei Verwandten und Bekannten „gesetzt“, um am Nikolaustag wieder – gefüllt mit Süßigkeiten, Nüssen und anderen Kleinigkeiten – von den Kindern dankbar abgeholt zu werden.
Ursprünglich entstand das Schifferlsetzen aus der Not heraus: Früher verursachten die sogenannten „Nikolo-Hochwässer“ oft große Zerstörungen und Armut. Um in dieser schweren Zeit Solidarität zu zeigen, stellten Menschen aus der Nachbarschaft den weniger Betroffenen heimlich ein „Schifferl“ vor die Tür und baten um Hilfe. Neben den typischen Nikolausgaben erhielten die Bittsteller*innen Kleidung und andere Hilfsgüter. So entwickelte sich das Schifferlsetzen im Mariazellerland als ein sogenannter „Heischebrauch“. Auch wenn die ursprüngliche Motivation heute in den Hintergrund getreten ist, bleibt die Form dieser Tradition seit Jahrzehnten unverändert. Die besonderen Falttechniken und die Überlieferung von Sprüchen, die den Schifferln beigegeben werden, werden als tradiertes Wissen an die jüngere Generation weitergegeben. Dabei spielen in der Erhaltung vor allem Familien, pädagogische Fachkräfte in Bildungs- und Betreuungseinrichtungen sowie das Heimathaus Mariazell eine zentrale Rolle.
Durch die gemeinsame Bastelarbeit mit den Kindern und die Weitergabe von Wissen über die historischen Hintergründe wird die Praxis lebendig gehalten und zum Mitmachen motiviert. Das Schifferlsetzen fördert das Zugehörigkeitsgefühl, die regionale Identität und den generationenübergreifenden Austausch.
Schifferlsetzen
Zwei Mädchen mit ihren selbstgebastelten Schiffchen als Brauch vor dem Nikolaus. Diese Tradition ist nun auch UNESCO Immaterielles Kulturerbe
Foto: Heimathaus Mariazell