GESCHICHTE & ENTWICKLUNG LAMPAS, GAMS UND SCHNEIDERFLIEGE | GESCHICHTE & ENTWICKLUNG SEITE 37 kommt in diesem Zusammenhang ebenso zum Tragen, nämlich die Tatsache, dass Altes wieder hip – so benennen es zumindest die Jungen – zu sein scheint! Sowohl begehrte Kleidungs- als auch Musikstücke wurden und werden gerne an die nächste Generation weitergegeben: Die Lederhose des Großvaters oder der urige Janker werden aus dem Kasten geholt und wieder getragen, weil sie eben usedund voll von Geschichten sind, so wie auch manch alte Instrumente, die oft von kuriosen Episoden erzählen. Wobei gerade bei der Tracht darauf hingewiesen werden soll, dass sich die Qualität des Materials und die Fertigung der erzeugten Kleidungsstücke zu Großvaters Zeiten als sehr hochwertig erwiesen. Außerdem war der Umgang mit dem Gewand auch ein ganz anderer, ein schätzenswerter – in unserer heutigen Wegwerfgesellschaft teilweise leider undenkbar! Genderorientierte Perspektiven in der musikalischen Klanggeschichte Ab der Mitte des 17. Jahrhunderts sind uns die ersten steirischen Tanzmusiken bekannt, die meist aus je vier Musikanten – nämlich aus zwei Geigern, Hackbrettspieler und Bassspieler – bestanden. Von Frauen hören wir relativ wenig, erste Ausnahmen bilden jodelnde Sennerinnen oder zitherspielende Bauernmädchen, die unter anderen in den Reiseerzählungen Erzherzog Johanns vorkommen. Als fixer Bestandteil von Musikgruppen traten Frauen erst später in Erscheinung, nämlich innerhalb verschiedenster singender und musizierender Familien. Bekannte Beispiele aus den letzten Jahrzehnten sind die Geschwister Hochfellner aus Bad Mitterndorf im Ausseerland oder die Familie Safran aus der Südweststeiermark. Als besondere Pionierin im Alpinismus wie auch im Gesang soll jedoch Gretl Steiner aus der Obersteiermark, die mit ihrem Berg- und Singkameraden Heli Gebauer prägend wirkte, genannt werden. Heute sorgen immer mehr Musikantinnen in ihren Trachten nicht nur für den klanglichen, sondern auch für den optischen Aufputz. Sie sind aus der steirischen Musiklandschaft mittlerweile nicht mehr wegzudenken. Eine Auffälligkeit darf jedoch noch ausdrücklich erwähnt werden, nämlich jene, dass Musikantinnen – wie auch ihre männlichen Kollegen – gerne Hüte tragen, was ja sonst in der Damenwelt nicht allzu üblich ist. Als Folgeerscheinung wurde aber sofort beobachtbar, dass automatisch jede trachtig gekleidete Frau mit Hut als Musikantin tituliert wird. Musikgruppen als Botschafter der Steiermark Zum Abschluss sei noch hervorgehoben, dass unsere Volksmusikgruppen eine ganz besondere Aufgabe erfüllen: Sie sind als Botschafter für die Steiermark unterwegs, sie präsentieren nicht nur unsere Musikkultur, sondern auch die Schönheit und Vielfalt des Landes in allen Facetten. Das stellt eine verantwortungsvolle Aufgabe dar, die zumeist in großartiger Weise ihre Umsetzung findet. Die Sensibilität für unsere Traditionen und Überlieferungen und diese auch wertschätzend weiterzutragen und zu erhalten, sie jedoch auch kreativ zu nutzen und weiterzuentwickeln, gilt hierbei als wesentlicher Aspekt. Wir haben das große Glück, Traditionen in solch kontinuierlicher Geschichte zu kennen. Gut tragbare Kleidung, gut spielbare Stücke wurden uns überliefert, die große Anerkennung finden. Dieses Kulturerbe sollten wir auch weiter bestens nutzen und diese Chance ergreifen, um dasselbe immer wieder in generationenübergreifender Lebendigkeit weiterzugeben. LITERATUR ❚ Deutsch, Walter, Harald Dreo, Gerlinde Haid und Karl Horak (Hrsg.), Volksmusik in Österreich, Wien 1984. ❚ Deutsch, Walter, Gerlinde Haid und Herbert Zemann, Das Volkslied in Österreich. Ein gattungsgeschichtliches Handbuch, Wien 1993. ❚ Flotzinger, Rudolf (Hrsg.), Musik in der Steiermark. Katalog der Landesausstellung 1980, Graz 1980. ❚ Friedl, Inge und Karl Friedl, Der erste Tourist. Mit Erzherzog Johann durch die alte Steiermark, Graz 2003. ❚ Klier, Karl Magnus, Volkstümliche Musikinstrumente in den Alpen, Kassel 1956. ❚ Mautner, Konrad und Viktor Geramb, Steirisches Trachtenbuch, 2 Bde., Graz 1932–1935. ❚ Rosenzopf, Max, Weststeirisches Musikantentum, Corpus musicae popularis austriacae Bd. 21, Wien 2015. ❚ Schmidt, Leopold, Volksmusik. Zeugnisse ländlichen Musizierens, Salzburg 1974.
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