HANDWERKSKUNST LAMPAS, GAMS UND SCHNEIDERFLIEGE | HANDWERKSKUNST SEITE 83 sowie einen weichen Griff. Die fertig gemischte Farbe wird mit einem Pinsel auf den Druckfilz gestrichen und von diesem mit dem glattbödigen Model wie von einem Stempelkissen abgenommen. Strich für Strich wird nun nach dem Prinzip »Stempelkissen – Stempel« die Farbe in verschiedenen Breiten aufgetragen. Beim Ansetzen des Models entstehen sogenannte Zusammenstände, die als Markenzeichen des echten Handdrucks gelten. Schon der Farbdruckvorgang verlangt vom Handdrucker viel Genauigkeit und eine ruhige Hand. Als krönenden Abschluss erhält das Werkstück den Aufdruck mit den Mustermodeln, wahren Kunstwerken aus Holz, die mittlerweile zu gut gehüteten Schätzen jeder Werkstatt geworden sind. Die Muster wurden einst vom Modelstecher von Hand ins Holz gestochen, also geschnitzt. Ganz feine Muster erhält man dagegen mit Modeln aus Eschen- oder Buchenholz, in die Messingstifte eingeschlagen wurden, die das Motiv bilden. Da es in Österreich keine Modelstecher mehr gibt und auch der Bestand an traditionellen Mustervorlagen verschwindet, muss man mit dem vorhandenen Modelbestand auskommen, nur gelegentlich können auf Antiquitätenmessen zusätzlich Formen erstanden werden. Der Aufdruck eines Musters mittels Model, meist eines Blumenmusters, erfordert Geschick, Fingerspitzengefühl und Erfahrung. Fast jeder Model hat an seinen Enden Ansatzpunkte, an denen der Drucker immer wieder ansetzt, damit ein fortlaufendes Muster entsteht. Dieser mitgedruckte Punkt ist ein weiterer Beweis eines echten Handdrucks. Auch an kleinen, individuellen Abweichungen kann man den reinen Handdruck erkennen, und damit den Unterschied zu maschinell bedruckten Geweben. Es braucht ungefähr die Arbeit eines ganzen Tages, um acht Laufmeter Seide zu bedrucken. Nach dem Drucken werden die Bahnen zum Trocknen aufgehängt und danach durch Hitze fixiert. Nun müssen die Bahnen noch in die gewünschten Größen und Formen geschnitten werden. Seidentücher werden abschließend entweder handrolliert oder in Handarbeit mit passenden Fransen versehen. Aufwendiger als die Herstellung der Zupffransen ist das Knüpfen von Reinseidenfransen – für ein Tuch benötigt man ca. 300 Meter Reinseidengarn. Handbedruckte Tücher und Krawatten sind das richtige Beiwerk für die steirische Männertracht. Jeder Stoff ist ein kleines Kunstwerk. Handbedruckte Seidentücher. Handbedruckte Trachtenstoffe in Meterware.
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